Franz Schreker: Der Schatzgräber (Live)

Franz Schreker: Der Schatzgräber

2011 / Capriccio / Gesamtaufnahme (live) / 2 CDs
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

„Ich bin Klangkünstler, Klangphantast, Klangzauberer, Klangästhet und habe keine Spur von Melodie […]. Ich bin Melodiker von reinstem Geblüt, als Harmoniker aber anämisch, pervers, trotzdem ein Vollblutmusiker! Ich bin (leider) Erotomane und wirke verderblich auf das deutsche Publikum.“

Sarkastisch charakterisiert Franz Schreker sich 1921 in den Musikblättern des Anbruch der Wiener Universal Edition. Und zwei Jahre zuvor schrieb er ebendort: „Schon als Knabe liebte ich es, mir einen jener »Wagner’schen« Akkorde am Klavier anzuschlagen und lauschte versunken seinem Verhallen. Wundersame Visionen wurden mir da, glühende Bilder aus musikalischen Zauberreichen. […] Ihn [den reinen Klang] übertrifft an Wirkung vielleicht nur – die Stille.“ Tatsächlich scheint Schreker in seiner kompositorischen Arbeit häufig dem Klang alles andere unterzuordnen und vielleicht ist es gerade das, was seine Werke in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts so populär machte. Schließlich wirkt der Klangeindruck unmittelbar auf den Hörer, löst konkrete Emotionen und Assoziationen aus.

In seiner wohl beliebtesten Oper Der Schatzgräber verbindet Schreker das Klangerlebnis zudem mit relativ eingängigen Motiven und einer weitgehend tonalen Harmonik – somit gehört das Werk zu seinen stilistisch ausgewogensten Kompositionen. Während der Weimarer Republik war es eine der meistgespielten zeitgenössischen Opern, geriet dann jedoch in Vergessenheit, da Schrekers Musik ab 1933 als „entartet“ galt, und erlebt erst seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts ihr verdientes Revival.

Im Mittelpunkt der märchenhaften Handlung der Oper steht eine Frauenfigur (Els), die von ihrer Anziehungskraft auf die Männer lebt, an der wahren Liebe zu dem Sänger Elis jedoch scheitert. Das Libretto verfasste Schreker – angeregt durch die Begegnung mit einem jungen Mädchen – selbst und begann 1916 mit der Komposition. Am 18. Juni 1918 schreibt er an Paul Bekker:

„Ja – wie ich auf den Namen Elis kam: Da muss ich Ihnen doch die Geschichte der Entstehung des Schatzgräbers kurz erzählen. Wir bewohnten vor etwa 3 Jahren im Sommer in der Semmeringgegend ein kleines Haus, in dessen Erdgeschoss zwei sehr stimmungsvoll eingerichtete Siebenbürger Bauernzimmer waren. […] Da kamen zu Besuch zwei junge uns bekannte Mädchen, die eine mit einer Laute, die sie an einem Seidenbande hängend trug. Und diese Eine, die Else hieß, begann Lieder zur Laute zu singen, einfache Volkslieder und Balladen. Mit Kunst hatte das – Gott sei Dank – wenig zu tun – aber es kam eine seltsame Stimmung über uns alle, meine alte Mutter, eine Steierin (dort sind diese Lieder alle noch lebendig), begann leise zu weinen und in mir stiegen Bilder auf. Das Mädchen verwandelte sich und wie es schon geht – ich weiß nicht, ob Sie das nachfühlen können –, in dieser Stunde fiel mir (und in der anschließenden Nacht) Der Schatzgräber ein, und 3 Wochen darauf war das Buch fertig. Und nun Elis – wir haben einen kleinen Buben, der heißt eigentlich Imanuel, wir nennen ihn aber Eli, und da benannte ich meinen Helden nach ihm und hatte die beiden ‚Kinder von Traumkönigs Gnaden, Elis und Els‘.“

Gerd Albrechts Einspielung von Franz Schrekers Oper ist eine Live-Aufnahme mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg, die in ihrer Unmittelbarkeit Schrekers Klangwelt in ihrer ganzen Ausdruckskraft entstehen lässt.